ABSATZ

Eigenmikroskopie in drei Vergrößerungen.

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Geräusche und Klänge sind besonders dann intensiv mit Empfindungen und Erinnerungen aufgeladen, wenn sie eine ganz bestimmte, charakteristische Klangfarbe oder eine sehr markante Rhythmussequenz enthalten. Der Klang einer ganz bestimmten Haustür, der Rhythmus im Lachen eines Bekannten, der Anlasser des eigenen Autos… noch nach Jahren kann man sich besonders an diese Geräusche klar erinnern und sie genau beschreiben. Das Wiedererkennen von Klangfarben und Rhythmussequenzen schafft das Vertraute.

Das akustische Zentrum von ABSATZ besteht genau aus einer Sammlung dieser vertrauten Klänge: den Geräuschen des heimatlichen Treppenhauses. Jede einzelne Stufe mit ihrem charakteristischen Bass, jedes Knarren, Knacksen, rhythmische Schlagen beim Treppensteigen ist aufgeladen mit der Empfindung „nach Hause“ zu kommen.
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Bei der Konzeption von ABSATZ um diesen persönlichen Teil herum, wurde aus der anfänglichen Sammlung von vertrauten Geräuschen nach und nach immer mehr eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Zuhause, dem Begriff „Heimat“. Gleichzeitig entwickelt das Stück in mehreren Variationen die verschiedenen Rhythmen in der eigenen, subjektiven Wahrnehmung.

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ABSATZ hat eine Länge von 7:54 Minuten. Hören Sie das Stück hier in voller Länge:

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Die Grundidee zu ABSATZ geht auf eine Arbeit des dänischen Klangkünstlers Jannick Kirk Sørensen (*1967) zurück.
In seinem etwa sechs minütigen Stück „Abschied von den Fähren“ geht es um ein sehr persönliches Thema: die Verarbeitung der vielen Sehnsüchte nach Ferne aus der eigenen Kindheit.
Sørensen wuchs in einer trostlosen, dänischen Vorstadt auf, die zentral durch einen großen Fährhafen geprägt wurde. Die weißen Fähren weit draußen auf der Ostsee und alle mit ihnen verbundenen Klänge und Geräusche standen jahrelang zentral für den Wunsch, dieser trostlosen Umgebung zu entfliehen.
Durch den Bau einer Brücke wurde die Fährlinie 1996 überflüssig und daraufhin eingestellt. Kurz vor Einstellung der Verbindung machte Sørensen all jene Geräuschaufnahmen, die Grundlage von „Abschied von den Fähren“ sind und jenes zentrale Moment seiner Kindheit enthalten.
Beim Hören des Stückes fällt besonders die geschlossene, fast „organisch verwachsene“ Form auf. Verschiedene Klangumgebungen verlaufen sacht ineinander, immer wieder überlagert von einzelnen Signalen, Stimmen und sich nach und nach aus den Geräuschen entwickelnden Rhythmen: das Schlagen der Räder auf dem Stahl einer Laderampe, die rhythmischen Geräusche der Eisenbahnwaggons, die in den Bauch der Fähre gerollt werden… Alltägliche Geräusche wirken auf einmal im engeren, musikalischen Sinne sorgsam komponiert.

ABSATZ setzt genau an zwei Punkten aus „Abschied von den Fähren“ an: subjektiv-symbolisch aufgeladenen Geräuschen und dem Nachspüren verschiedener Rhythmussequenzen.

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ABSATZ kam beim Hörspielwettbewerb „Plopp! 2003“ im Rahmen der 17. Woche des Hörspiels in der Akademie der Künste Berlin bei 180 Einsendungen in die Auswahl der letzten 11 Stücke und wurde dort am 14.11.2003 öffentlich vorgestellt.

Am 26.02.2004 wurde das Stück und seine Hintergründe von Felix Kubin in der Sendung RadioART auf SWR2 vorgestellt.

ABSATZ wurde außerdem am 26.03.2004 in der „Klangkunst-Newcomer-Werkstatt“ von Deutschlandradio Kultur präsentiert.

ABSATZ gibt es auch auf CD! Das Stück ist erschienen auf der ersten im Handel erhältlichen CD zur freien Hörspielszene, dem mp3-Sampler „pressplay – Die Anthologie der freien Hörspielszene“ des mairisch-Verlag Hamburg.

Am 10.1.2007 wurde die CD „pressplay – Die Anthologie der freien Hörspielszene“ in der Sendung „Hörzeichen“ auf WDR3 besprochen. Im Rahmen dieser Sendung wurde auch das Stück ABSATZ vorgestellt.